Die Grenzen des Sozialen

Das Seminar beschäftigt sich mit den Grenzen der Sozialwelt. Es gilt in unserer Gesellschaft als selbstverständlich, dass nur lebende Menschen soziale Personen sein können. Andere Entitäten, wie natürliche (Tiere, Pflanzen), künstliche (Technik) oder transzendente (Götter, Engel) Entitäten, können zwar Wirkungen innerhalb der Sozialwelt entfalten, haben aber selbst keinen sozialen Charakter. Die klare Trennung von Natur und Kultur, Kultur und Technik oder von Diesseits und Jenseits gilt als Ausdruck eines modernen, dezentrierten und aufgeklärten Weltbildes. Erst die Entsozialisierung der Natur und Denaturalisierung des Sozialen, so Jürgen Habermas, habe es möglich gemacht, die Natur rational zu beherrschen und innerhalb der Sozialwelt uns rational zu verständigen.

Zu dieser Auffassung gibt es Gegenstimmen, die im Seminar sowohl anhand theoretischer Texte als auch an konkreten Beispielen diskutiert werden. Insbesondere Texte aus der Wissenschafts- und Technikforschung diskutieren die Frage, inwieweit technische Artefakte als Akteure berücksichtigt werden müssen. In theoretischer Hinsicht geht es also um die Frage, wie der Gegenstandsbereich der Soziologie bestimmt wird. In empirischer Hinsicht werden Studien diskutiert, die sich u.a. folgenden Fragen zuwenden: Wie verändert sich das Verhältnis von Leben und Tod durch technische Innovation in der Intensivmedizin? Wie gestalten moderne Gesellschaften den Bezug zu transzendenten Welten? Wie verändert sich die menschliche Kommunikation durch technische Innovation? Was sind die sozialen Konsequenzen der technischen Gestaltbarkeit des menschlichen Körpers?

 

Voraussetzungen zum Erwerb eines Leistungsnachweises: Regelmäßige Teilnahme, Textvorbereitung, Referat und Hausarbeit.

 

Literatur:

  • Latour, Bruno (2008): Wir sind nie modern gewesen. Versuch einer symmetrischen Anthropologie. Frankfurt/M.
  • Lindemann, Gesa (2002): Die Grenzen des Sozialen: zur sozio-technischen Konstruktion von Leben und Tod in der Intensivmedizin. München.
  • Luckmann, Thomas (1980): „Über die Grenzen der Sozialwelt“, S. 56-92 in: ders., Lebenswelt und Gesellschaft. Paderborn.
  • Luhmann, Niklas (1987): „Läßt unsere Gesellschaft Kommunikation mit Gott zu?“, S. 227-235 in: ders., Soziologische Aufklärung 4. Opladen.
Datenblatt
Semester: 
Wintersemester 2010/2011
Lehrende: 
Ort und Zeit: 
5.052, Mo 10:15 - 11:45
ECTS BA: 
7.5
AnhangGröße
seminarplan_grenzen.doc34 KB

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