Soziologie zwischen Werturteilsfreiheit und Kritik

Die Frage, ob eine empirische Wissenschaft normativ verbindlich Aussagen treffen kann und darf, gehört zu den großen und immer wieder diskutierten Selbstverständigungsthemen der Soziologie. Nach der berühmten, aber oft fehl gedeuteten Forderung Max Webers, haben die Sozialwissenschaften wertfrei zu sein. Damit redet er aber nicht einem positivistischen Szientismus das Wort, verweist er doch vielmehr zugleich auch auf die Notwendigkeit, wissenschaftliche Maßstäbe (normativ) anzuerkennen und die Notwendigkeit der Orientierung an Kulturwerten bei der Konstitution des wissenschaftlichen Erkenntnisgegenstandes.
Im Seminar wollen wir den Werturteilsstreit als Ausgangspunkt nehmen, um zu diskutieren, welche Argumente aktuell angeführt werden können, um eine kritische Haltung in den Sozialwissenschaften zu rechtfertigen. Dabei werden wir vor allen Dingen Bezug nehmen auf den wirkungsmächtigen Versuch von Michel Foucault, Kritik als aufklärerische Praxis zu betreiben. Bei der Diskussion dieser Frage wird es immer auch nötig sein, zu reflektieren, aus welcher gesellschaftlichen Position heraus, Kritik geübt werden kann. Es ist also zugleich eine Soziologie der Kritik zu betreiben, die die Frage stellt, welche sozialstrukturellen Entwicklungen die Möglichkeit von Kritik in der Gesellschaft befördern oder behindern, d.h. zu fragen, wann eine Kritik als legitim erscheint und ein Kritiker als kompetent.   


Voraussetzung für den Scheinerwerb: regelmäßige Teilnahme, Sitzungsvorbereitung, Referat und Hausarbeit


Literatur:

Dahms, Hans-Joachim (1994): Positivismusstreit. Die Auseinandersetzung der Frankfurter Schule mit dem logischen Positivismus, dem amerikanischen Pragmatismus und dem kritischen Rationalismus. Frankfurt/M.
Foucault, Michel (1992): Was ist Kritik? Berlin.
Lepisus, M. Rainer (1997): Kritik als Beruf. Zur Soziologie der Intellektuellen, in: Jürgen Friedrichs, Karl Ulrich Mayer, Wolfgang Schluchter (Hg,), Soziologische Theorie und Empirie. Opladen.
Weber, Max (1988): Der Sinn der „Wertfreiheit“ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften, in: ders., Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. Tübingen.


Datenblatt
Semester: 
Sommersemester 2010
Lehrende: 
Ort und Zeit: 
R. 5.052, Montag 18:15 - 19:45
ECTS BA: 
7.5
ECTS andere: 
Mag, Bak 9

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