Leistung und Anerkennung

In modernen Gesellschaften hängen der ökonomische Status und die Teilhabechancen Einzelner oder von Gruppen in hohem Maß davon ab, inwieweit ihre Tätigkeiten als relevante und legitime Leistungen anerkannt werden. Diese normativen Leistungsvorstellungen werden in diskursiven Prozessen, in der sozialen Praxis hervorgebracht, ausgehandelt, institutionalisiert und wieder in Frage gestellt. Was ist Leistung, nach welchen Kriterien und Maßstäben wird sie beurteilt? Wer hat die Macht, Leistungsnormen zu definieren, wer kann sich in den Kämpfen um die Anerkennung von Leistung durchsetzen? Solche und ähnliche Fragen können in historisch-vergleichender Perspektive auf gesamtgesellschaftlicher Ebene gestellt, aber auch auf einzelne soziale Bereiche herunter gebrochen werden.

In diesem Seminar werden ausgehend von anerkennungstheoretischen Überlegungen aktuelle Diskussionen und empirische Befunde zur Praxis, Bewertung und Aushandlung von Leistung auf gesellschaftlicher Ebene thematisiert. Im Fokus steht anschließend die Erwerbsarbeit als immer noch zentrale Instanz für die Verteilung gesellschaftlicher Anerkennungschancen. Hier zeigt die Forschung einerseits, wie Leistungsnormen in Wirtschaftszweigen, Berufsgruppen und Unternehmen – oder allgemeiner: in lokalen organisationalen Ordnungen – jeweils unterschiedlich institutionalisiert und umkämpft sind. Andererseits scheinen sich im Übergang zur „postfordistischen“ Gesellschaft zwei übergreifende Tendenzen durchzusetzen: Zum einen wird Leistung immer weniger an der tatsächlichen Verausgabung der Arbeitskraft gemessen, sondern am Ergebnis, am Vermarktungserfolg der Tätigkeit/des Produkts. Und zum anderen spielt das zugeschriebene subjektive Leistungspotenzial eine immer größere Rolle, da an die Beschäftigten die Anforderung gerichtet wird, ihre Leistungsfähigkeit aktiv und eigengesteuert in eine bestimmte Richtung (physischer und psychischer Belastbarkeit, Kreativität, sozialer und ökonomischer Kompetenz u.ä.m.) zu entwickeln und entsprechend zu inszenieren.

Scheinerwerb: Referat und Hausarbeit

Literatur:

Dröge, K. u.a. (Hg.) (2008): Rückkehr der Leistungsfrage. Leistung in Arbeit, Unternehmen und Gesellschaft, Berlin

Holtgrewe, U. u.a. (Hg.) (2000): Anerkennung und Arbeit, Konstanz

Menz, W. (2009): Die Legitimität des Marktregimes. Leistungs- und Gerechtigkeitsorientierungen in neuen Formen betrieblicher Leistungspolitik, Wiesbaden

Neckel, S. (2008): Flucht nach vorn: Die Erfolgskultur der Marktgesellschaft, Frankfurt/N.Y

Datenblatt
Semester: 
Sommersemester 2011
Lehrende: 
Ort und Zeit: 
5.013, Do 14.15-15.45
Sprache: 
Deutsch
ECTS BA: 
7.5
ECTS andere: 
9

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