Vom „Mitmachen“ zum „Beobachten“ – Einladung zur Einübung des „soziologischen Blickes“

Einschlägigen methodologischen Überlegungen zufolge besteht ein schroffer Gegensatz zwischen alltäglicher und wissenschaftlicher Einstellung: Nehmen wir im Alltag die Dinge so hin, wie sie uns erscheinen, interessiert sich die Sozialwissenschaft gerade dafür, wie es kommt, dass wir die Dinge so hinnehmen, wie sie uns erscheinen. Aus der Sicht der Wissenschaft ist soziale Wirklichkeit nicht für sich gegeben, sondern sie wird gemacht. Dies geschieht nicht nur auf den „großen“ Ebenen der Politik oder der Wirtschaft, sondern auch in alltäglichen Begegnungssituationen, und wir sind demzufolge aktiv involviert in den Prozess der Herstellung und Aufrechterhaltung von Normalität.

 

Die Einnahme einer sozialwissenschaftlichen Perspektive beinhaltet also nicht nur die Notwendigkeit, sich mehr oder minder sperrige Theorien (und Methoden) anzueignen. Sie beinhaltet auch, soziale Wirklichkeit anders wahrzunehmen, um so die Arbeit an den Kulissen der Normalität sichtbar und für die wissenschaftliche Analyse zugänglich zu machen.

 

Das im Seminar verfolgte Erkenntnisziel ist die Einübung eines sozialwissenschaftlichen Blickes auf soziale Wirklichkeit und deren alltägliche Herstellung, etwa in Form des alltäglichen „Klatsches und Tratsches“, von Begrüßungsformeln und Gesten, Normalitäts- und Moralvorstellungen in Medienerzeugnissen oder in Form von Liebeserklärungen, Kaufentscheidungen etc. Dies soll nicht anhand einer theoretischen Reflexion, sondern durch die Verschiebung unserer Aufmerksamkeit anhand der Durchführung klassischer „Krisenexperimente“ und kleiner „Feldstudien“ geschehen.  

 

Das Seminar kann als Schlüsselqualifikation belegt werden oder als Proseminar im Rahmen des Moduls SozMII.

 

Teilnahmevoraussetzungen und -leistungen: regelmäßige Teilnahme, Bereitschaft zur Teilnahme an Übungen und zur Durchführung kleinerer Feldbeobachtungen und sozialer „Experimente“; als Proseminar zusätzlich: Abfassung einer Hausarbeit.

 

Literatur zur Einführung und zur Einstimmung

  • Goffman, Erving 2009: Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag. Piper, München 
  • Soeffner, Hans-Georg 1989: Auslegung des Alltags – Der Alltag der Auslegung. Zur wissenssoziologischen Konzeption einer sozialwissenschaftlichen Hermeneutik. Suhrkamp, Frankfurt am Main
  • Wagner, Gerhard 2008: Paulette am Strand. Roman zur Einführung in die Soziologie. Velbrück, Weilerswist
Datenblatt
Semester: 
Sommersemester 2011
Ort und Zeit: 
5.052, Do 16:15-17:45
Sprache: 
Deutsch
ECTS BA: 
5.0
ECTS andere: 
Schlüsselqualifikation: 2,5

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