Materielle Kultur

In diesem Hauptseminar geht es um die Kultursoziologie der Dinge. Warum rückt die Interaktion zwischen Mensch und Objekt immer stärker in den Focus der Soziologie?  Die Form und Gestaltung der Dinge kann als materialisierte Kultur verstanden werden und  wirkt widerum ihrerseits auf jede menschliche Handlung ein. Dinge legen manche Handlungen nahe und andere nicht. Jedes Ding hat eine materiell-stoffliche und eine zeichenhaft-symbolische Seite. Warum fällt uns der Himmel nicht auf den Kopf? Die "Dinge" des Menschen bilden seine selbstgeschaffene Umwelt und garantieren das materielle und kognitive Überleben des Menschen. Dies gilt ganz besonders für die größten Dinge, für Bauwerke. Die Interaktion mit den Dingen gewährt uns einen beherrschbaren Weltausschnitt und die Gewissheit, dass unsere Umwelt konstante Eigenschaften aufweist. In den Dingen sind Wissen, Werte und Kultur gespeichert.   Lernen wir nicht auch von den Dingen, was die Welt bedeutet und wie wir mit ihr umgehen können? Die Stofflichkeit der Dinge interagiert mit dem menschlichen Körper und bietet praktische und sinnliche Erfahrungsmöglichkeiten. Durch ihre Materialität bilden sie stabile Ankerpunkte für flüchtige Erfahrungen. Andererseits bildet die konkrete Stofflichkeit der Dinge immer auch eine Herausforderung für menschliches Handeln. Die Dinge fügen sich nicht vollständig dem menschlichen Zugriff, sie bieten Widerstand. Wer sind wir? Dingliche Objekte stehen in einer Beziehung zum menschlichen Körper und sind Teil des Habitus, der sowohl individuelle wie auch kulturell geformte Züge hat. In den Dingen spiegelt sich deshalb auch die Sozialstruktur der Gesellschaft wieder: Status, Anerkennung und soziale Macht werden in symbolischen Objekten visuell erkennbar und realisieren sich in dieser Form.  Die Dinge des Menschen haben eine expressive Seite: Sie erzählen vom Selbstentwurf eines Individuums und von kulturellen Identitäten.

Literatur zum Einlesen:

Hahn, Hans Peter 2005: Materielle Kultur. Dietrich Reimer Verlag

Böhme, Hartmut 2006: Fetischismus und Kultur. Eine andere Theorie der Moderne, rowohlt

Bosch, Aida 2010: Konsum und Exklusion. Für eine Kultursoziologie der Dinge, transcript verlag

Miller, Daniel 2008: The Comfort of Things. Cambridge: Polity Press (deutsche Übers.: Der Trost der Dinge: 15 Porträts aus dem London von heute, Suhrkamp)

Appadurai, Arjun 1998: The Social Life of Things: Commodities in Cultural Perspektive. Cambridge University Press

 

Datenblatt
Semester: 
Sommersemester 2011
Lehrende: 
Ort und Zeit: 
Kochst. 4, R. 5.012, Do 10-12 Uhr
Sprache: 
Deutsch
ECTS BA: 
7.5
ECTS andere: 
BAK 9

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