Soziologie der Kompetenz. Das Subjekt zwischen Mündigkeit, Habitus und Humankapital

Kompetenz ist in aller Munde: Politiker sind wirtschaftskompetent, Manager führungskompetent, Unternehmen kernkompetent, das Arbeitsamt hat ein Kompetenzcenter, Frauen sind emotional kompetent, Schüler lesekompetent. Und, die Wissenschaft hat festgestellt, auch Säuglinge sind bereits kompetent.

In den Bildungswissenschaften spricht man inzwischen von einer kompetenzorientierten Wende, die klassische Termini wie Qualifikation und Beruf hinter sich lasse. Das neue Wort artikuliert und verdeckt zugleich gesellschaftliche Veränderungen im Schnittfeld von Individuum, Bildung und Arbeit. 'Kompetenz' geht dabei einher mit Vorstellungen von 'lebenslangem Lernen', 'Soft Skills', 'Humanressourcen', 'Evaluation' und 'Selbstorganisation'. Diese Ideen basieren insgesamt auf einer anderen Vorstellung von Subjektivität als auch Sozialität, die wir näher beleuchten werden.

Der Kompetenzdiskurs ist interdisziplinär: Er findet in den Wirtschaftswissenschaften, der Pädagogik, der Psychologie und der Soziologie statt, ebenso wie in Politik auf internationaler und nationaler Bühne, in Gremien und Kommissionen, Unternehmen, Beratungsagenturen, Schulen und Hochschulen. Im Seminar werden wir uns Texte zur sog. kompetenzorientierten Wende als auch Kompetenzmessinstrumente ansehen. Wir vergleichen verschiedene Kompetenztheorien soziologischer, psychologischer und ökonomischer Tradition. Ziel ist, die gesellschaftlichen und individuellen Veränderungen des mit dem Kompetenzbegriff verbundenen Wandels zu analysieren und kompetent zu beurteilen. Eine der Leitfragen wird sein, ob die Kompetenzwende zu mehr Mündigkeit und/oder zur Ökonomisierung der Bildung und/oder keines von beidem führt.

Grundkenntnisse in Arbeits- und Bildungssoziologie werden vorausgesetzt.

Teilnahmebedingungen/Scheinerwerb

Referat, Abstracts, Hausarbeit mit Forschungsskizze.

Einführende Literatur

Nuissl, Ernst / Schiersmann, Christiane / Siebert, Horst (Hg.) (2002): Kompetenzentwicklung statt Bildungsziele? Bonn: Report. Literatur- und Forschungsreport Weiterbildung

Kurtz , Thomas / Pfadenhauer, Michaela (Hg.) (2010): Soziologie der Kompetenz. Wiesbaden: VS

Bolder, Axel / Dobischat, Rolf (Hg.)(2008): Eigen-Sinn und Widerstand. Kritische Beiträge zum Kompetenzentwicklungsdiskurs. Wiesbaden: VS
Erpenbeck, John / Rosenstiel, Lutz von (Hg.) (2007): Handbuch Kompetenzmessung: Erkennen, verstehen und bewerten von Kompetenzen in der betrieblichen, pädagogischen und psychologischen Praxis. Stuttgart: Schäffer-Poeschel

Haeske, Udo (2008): 'Kompetenz' im Diskurs: Eine Diskursanalyse des Kompetenzdiskurses. o.O.: Pro Business

Gnahs, Dieter (2007): Kompetenzen. Erwerb, Erfassung, Instrumente. Bielefeld: Bertelsmann

Zeitschrift Berliner Debatte Initial: Schwerpunkt Bildung als Humankapital. Heft 3/2009.

Datenblatt
Semester: 
Wintersemester 2012/2013
Lehrende: 
Ort und Zeit: 
Dienstag, 14.15-15.45, R. 00.4 PSG
Sprache: 
Deutsch
ECTS MA: 
10.0

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