Geschlechtertheorien
„Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es“, lautet die berühmte Formulierung, mit der Simone de Beauvoir in den zweiten Teil ihres Buches Das andere Geschlecht einleitet. Die These, dass Geschlecht keine unveränderliche Naturtatsache, sondern Ergebnis sozialer und kultureller Prozesse ist, stellt den gemeinsamen Ausgangspunkt der neueren feministischen Geschlechtertheorien dar und eröffnet einen Raum für Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen, in denen Frauen systematisch benachteiligt werden.
Wie das moderne Geschlechterverhältnis adäquat beschrieben und kritisiert werden kann, ist jedoch bis heute Gegenstand einer weitverzweigten theoretischen Auseinandersetzung. Dabei lassen sich grob drei Hauptrichtungen ausmachen: Marxistisch-gesellschaftstheoretische Ansätze sehen das Geschlechterverhältnis in einem engen Zusammenhang mit allgemeinen ökonomischen und politischen Strukturen; Konstruktivistische Ansätze begreifen Geschlecht hingegen primär als kulturelles Muster und fokussieren sich auf dessen alltägliche Reproduktion durch (Sprech-)Handlungen; (Sozial)psychologische Ansätze schließlich betrachten Geschlecht als Resultat von Sozialisationsprozessen, in denen Geschlechterrollen internalisiert und so zum Bestandteil der individuellen Charakterstruktur werden.
Ziel des Seminars ist es, anhand ausgewählter Texte einen Überblick über zentrale Thesen, Begriffe und Argumentationsmuster dieser drei Hauptströmungen zu gewinnen. Neben der vergleichenden Diskussion der verschiedenen Ansätze soll ein besonderes Augenmerk auf der Frage liegen, wie innerhalb der einzelnen Theorieansätze deskriptive und normative Bestimmungen zusammenhängen, wie also unterschiedliche Beschreibungs- bzw. Erklärungsweisen zu unterschiedlichen Formen der Kritik führen.
Teilnahmebedingungen/ Leistungsnachweise
-regelmäßige und aktive Teilnahme
-Textzusammenfassungen/ Kurzreferate
-Hausarbeit (15-20 Seiten)
Einführende Literatur
-Regina Becker-Schmidt, Gudrun-Axeli Knapp (2000): Feministische Theorien zur Einführung. Hamburg
-Brigitte Brück, Heike Kahlert, Marianne Krüll, Helga Milz, Astrid Osterland, Ingeborg Wegehaupt-Schneider (1992): Feministische Soziologie - Eine Einführung. Frankfurt/ New York