Veränderungen von Zeitstrukturen in der Spätmoderne
Die Krise von kapitalistischer Wirtschaft und demokratischer Politik und die damit einhergehende Erosion klassisch-bürgerlicher Institutionen wie Lohnarbeit und Familie rechtfertigen es, von der gegenwärtigen Epoche als Spätmoderne zu sprechen. In der Zeitdimension äußern sich die ihr innewohnenden Krisentendenzen als zunehmende Beschleunigung und De-Synchronisation sozialer Prozesse. Für AkteurInnen ergibt sich daraus der Zwang, ihre Zeit individuell und hochgradig rational zu planen, um mit den gesellschaftlichen Anforderungen mithalten zu können. Die Folgen sind nicht nur Zeitstress und die Zunahme von „Zeitkrankheiten“ wie Depression und „Burnout“, sondern auch das tendenzielle Schrumpfen individueller und kollektiver Zukunfts- und Vergangenheitshorizonte. Damit drohen wichtige Voraussetzungen menschlicher Autonomie und Emanzipationsfähigkeit verloren zu gehen: historische Reflexion und utopisches Bewusstsein.
Im ersten Teil des Seminars sollen zeitsoziologische Grundlagen erarbeitet werden; im zweiten Teil werden dann verschiedene Aspekte spätmoderner Zeitstrukturen und der mit ihnen zusammenhängenden Krisenphänomene diskutiert.
Teilnahmebedingungen/ Leistungsnachweise
- regelmäßige und aktive Teilnahme
- Textzusammenfassungen
- Hausarbeit (12-15 Seiten)
Literatur
Bergmann, Werner (1983): Das Problem der Zeit in der Soziologie. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 35, 3, S. 462 - 504
Nassehi, Armin (2008): Zeit. In: Jordan, Stefan; Farzin, Sina (Hrsg.): Lexikon Soziologie und Sozialtheorie. Hundert Grundbegriffe. Stuttgart, S.336 – 338
Rosa, Hartmut (2005): Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne, Suhrkamp. Frankfurt am Main