Kreativität als Handlungstypus
Soziales Handeln scheint sich als absichtsvolles, strukturiertes mit Interessen verknüpftes und an Zielen orientiertes Verhalten zu vollziehen. Gleichzeitig orientiert sich das handelnde Individuum am Handeln anderer Akteure; sei es in gemeinsamen Situationen oder auch abstrakter, objektiviert in gesellschaftlichen Normen und Konventionen. In idealtypischer Weise spricht man dann seit Max Webers Analysen zu den Typen sozialen Handelns von 'zweckrationalem' Handeln. Moderne Handlungstheorien wie Rational Choice Ansätze oder auch viele Modelle in der Ökonomie operieren mit zweckrationalen Akteuren. Hierbei wird häufig die Situiertheit des Handelns unterschätzt und wie unwägbar soziales Handeln in konkreten Situationen sein kann. Speziell der amerikanische Pragmatismus hat bereits frühzeitig hierauf aufmerksam gemacht und spätestens seit den Studien von Pierre Bourdieu ist evident, dass soziales Handeln auch Zwängen unterliegt, die sich einem Ideal zweckrationaler Planung entziehen. Soziales Handeln als 'kreativ' zu betrachten, bedeutet nun nicht, dass man das Geheimnis künstlerischer Aura lüften möchte, sondern es bezeichnet ein Vermögen, welches es Akteuren ermöglicht Handlungsweisen, - ziele- und -mittel in einer Situation während des Handelns anzupassen. Im Seminar sollen verschiedene Handlungstypen verglichen werden und anschließend rekonstruiert werden, was kreatives Handeln von anderen Handlungstypen unterscheidet. Eine weitere empirische Fragestellung wird sein, in welchen sozialen Situationen sich kreatives Handeln zeigt und inwiefern diese Form(en) des sozialen Handelns eine adäquate Antwort sind auf die komplexen Anforderungen moderner Gesellschaft.
Prüfung/Leistungsnachweis: aktive Teilnahme, Präsentation eines Sitzungsthemas. Hausarbeit 15-20 Seiten.
Literatur zur Vorbereitung:
Gumbrecht, Hans Ulrich. 1988. Kreativität - ein verbrauchter Begriff?. Materialität der Zeichen : Reihe B ; 1. München: Fink.
Knoblauch, Hubert. 2011. „Alfred Schütz, die Phantasie und das Neue. Überlegungen zu einer Theorie des kreativen Handelns“. In Die Entdeckung des Neuen, herausgegeben von Norbert Schröer und Oliver Bidlo, 99–116. VS Verlag für Sozialwissenschaften.