Netzwerk und Gesellschaft

Ort des Seminars ist jeweils der Kultursaal des Kulturamts Erlangen im Gebäude des Museumswinkels, Gebbertstraße 1, zu finden im Erdgeschoss von der Innenhofseite aus.

Voraussetzungen / Organisatorisches:

Nach einer Einführung am 27. Oktober und einer ersten inhaltlichen Sitzung am 10. November liegt der Schwerpunkt des Seminars auf einem Block Mitte November (24./25./26. November).

Ankündigungstext:

Die Attraktivität des Gedankens, alle Ereignisse dieser Welt würden einander beeinflussen oder miteinander verknüpft sein, lässt sich in vielen kulturhistorischen Konstrukten menschlichen Denkens feststellen. Dabei sind es nicht nur menschliche Handlungen, die in direkten Zusammenhängen aufeinander wirken. Vielmehr ist die Ereignishaftigkeit der Welt von diversen Lebewesen wie Tieren, den Pflanzen und deren Hybride geprägt. Solch organische Akteure stehen darüber hinaus in Zusammenhang mit weiteren Energieträgern, denen in diesem Seminar besondere Beachtung zukommen soll. Sie können als 'nichtmenschlich' kategorisiert werden (Latour) und eröffnen die Frage, wie Gesellschaft nicht nur hergestellt, sondern auch stabil gehalten werden kann. Der Zusammenhang von Mensch und Materie findet sich bereits in frühen Aufschreibungen über Atome und wird beispielsweise bei Leibniz durch die Monaden in neue energetische Deutungen gefasst. Diverse Kulturtechniken und Mittel der Kommunikation und Imagination wie Symbole und Zeichen (z.B. Sprache, Schrift und Zahlen) sind elementare Werkzeuge des Menschen, ohne die beispielsweise dieser Text und somit diese Seminarankündigung nicht sein könnte. Industrialisierung und Computerzeitalter machen zudem (Rechen-)Maschinen, digitale Technologien und neuerdings auch Roboter zu Akteuren in unserem Alltag, die Ereignisse und Prozesse anregen und gestalten können. Unersetzliche Akteure inmitten der Gesellschaft also, die oft schlicht als Medien und/oder Dinge bezeichnet werden.

Auf der Suche nach Bedeutung, Sinn und Gemeinschaft werden die menschlichen Subjekte folglich in Gefüge eingebunden, in denen Formen von Kooperationen stattfinden, die willentliche Handlungsauslöser nicht mehr eindeutig identifizierbar machen. Schreiben wir eine E-Mail, tippen eine Nachricht in unser Smartphone oder rufen jemanden an, so sind daran technische Geräte, Algorithmen, Codierungssysteme, Funksignale, Signalmasten, Ortungssysteme, Archivierungssysteme, Kostenrechner und mediale Übersetzungstechnologien gekoppelt, die alle wiederum in eigene Netzwerke eingebunden sind. Wer hier wen steuert, ist eine Frage unter vielen anderen; Ziel des Seminars soll es sein, Perspektiven zu öffnen, soziologische und kulturwissenschaftliche Konzepte zu erörtern und mit diesem 'Rüstzeug' Handlungsnetzwerke zu identifizieren und diese schließlich in ihren Funktionsweisen und Wirkmächten zu analysieren.

Nach der einführenden Sitzung Ende Oktober folgt Anfang November das erste inhaltliche Treffen, in dem u.a. individuelle Projektideen entwickelt werden sollen. Diese sollen wiederum bis Mitte November bearbeitet und ein aktueller Stand während der dreitägigen Blockveranstaltung vorgestellt und diskutiert werden. Folglich erfordert die Teilnahme an diesem Seminar eine vorbereitende, selbständige Recherche (siehe dazu die Literaturauswahl) und eine frühzeitige Gedankenarbeit, um einen eigenen Vorschlag für eine Projektarbeit zu entwickeln (die schließlich in ihrer Verfertigung etwa 10-15 Seiten umfassen soll, gerne unter Zuhilfenahme von Kulturtechniken wie Photographie oder Film).

Literaturauswahl (alle Texte finden sich bei StudOn):

Niklas Luhmann: 'Die Weltgesellschaft'. In: Ders.: Soziologische Aufklärung 2. Opladen, 1975. S. 51-71.

Dirk Baecker: 'Was hält Gesellschaften zusammen?' In: Ders.: Studien zur nächsten Gesellschaft, Frankfurt am Main, 2007. S. 147-174.

Bruno Latour: 'Zirkulierende Referenz. Bodenstichproben aus dem Urwald am Amazonas.' In: Ders.: Die Hoffnung der Pandora. Frankfurt am Main, 2002. S. 36-95.

Michel Callon: 'Einige Elemente einer Soziologie der Übersetzung: Die Domestikation der Kammmuscheln und der Fischer der St. Brieuc-Bucht.' In: Andréa Belliger / David J. Krieger (Hg.), ANThology. Bielefeld, 2006. S. 135-174.

Giorgio Agamben: Was ist ein Dispositiv? Berlin, 2008.

Michel Foucault: 'Das Spiel des Michel Foucault.' In: Ders.: Schriften in vier Bänden. Dits et Ecrits. Band III. Frankfurt am Main, 2003. S. 391-429.

Gilles Deleuze / Félix Guattari: 'Einleitung: Rhizom'. In: Dies.: Tausend Plateaus. Frankfurt, 1992. S. 11-42.

Friedrich Kittler: 'Eine Stadt ist ein Medium.' In: Susanne Hauser / Christa Kamleithner / Roland Meyer (Hg.): Architekturwissen. Grundlagentexte aus den Kulturwissenschaften Bd. 2: Zur Logistik des sozialen Raumes. Bielefeld, 2013. S. 274-282.

Bernard Siegert: '(Nicht) Am Ort. Zum Raster als Kulturtechnik.' In: Thesis 49, 2003, 3. Heft: 9. Internationales Bauhaus-Kolloquium Weimar 2003: Medium Architektur. Zur Krise der Vermittlung, hg. v. Gerd Zimmermann, Bd. 1: Plenarvorträge. S. 92-104.

Gabriel de Tarde: 'Was ist eine Gesellschaft?' In: Ders: Die Gesetze der Nachahmung. Frankfurt am Main, 2003. S. 83-112.

Gottfried Wilhelm Leibniz: 'Monadologie' In: Ders.: Monadologie und andere metaphysische Schriften: Discours de métaphysique Monadologie Principes de la nature et de la grace fondès en raison, hg. von Ulrich Schneider. Hamburg, 2002. S. 111-151.

Gernot Böhme: 'Atmosphären'. In: Susanne Hauser / Christa Kamleithner / Roland Meyer (Hg.): Architekturwissen. Grundlagentexte aus den Kulturwissenschaften Bd. 1: Zur Ästhetik des sozialen Raumes. Bielefeld, 2011. S. 236-246.

Datenblatt
Semester: 
Wintersemester 2016/17
Ort und Zeit: 
Blockseminar; Einzeltermine am 27.10.2016 14:15 - 15:45, Kultursaal; 10.11.2016 14:15 - 17:45, Kultursaal; 24.11.2016, 25.11.2016, 26.11.2016 10:15 - 17:45, Kultursaal
Sprache: 
Deutsch
ECTS BA: 
5.0

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