Lektürekurs: Jürgen Habermas
Jürgen Habermas ist einer der bekanntesten Sozialphilosophen des 20. Jahrhunderts. Als Intellektueller hat er über Fach- und Ländergrenzen hinweg Bedeutung erlangt, wobei hierfür nicht alleine sein umfassendes Werk verantwortlich ist, das sich in gesellschaftskritischer Tradition mit den verschiedensten Facetten moderner Gesellschaftlichkeit beschäftigt. Vor allem auch sein Engagement als öffentlicher und kritischer Intellektueller, der sich bis heute in zahlreichen politischen Debatten der deutschen und europäischen Öffentlichkeit positioniert, hat dazu beigetragen.
Dieser Bekanntheit und Bedeutung zum Trotz scheint es jedoch so, als würde man Habermas in der fachwissenschaftlichen Rezeption – gerade in der deutschen Soziologie – keine allzu große Beachtung schenken. Gewiss wird er von vielen bereits als Klassiker rezipiert, den ‚man kennen sollte‘. Zugleich haftet seinem Hauptwerk, der ‚Theorie des kommunikativen Handelns‘, aber auch der Ruf des Monströsen an und gilt den einen als unverdaulich, den anderen als unzeitgemäß und wieder anderen als zu affirmativ. Was also bleibt in der Soziologie, zumal der kritischen, von Habermas? – In einem einführenden Lektürekurs zu Jürgen Habermas wollen wir versuchen, einige der Aspekte seines Werks aufzuspüren, die für eine zeitgenössische, kritische Soziologie von Relevanz sein können. Dafür wollen wir nicht den Weg über sein Hauptwerk wählen, sondern uns mit kleineren Arbeiten beschäftigen, die Werksgeschichtlich vor der Veröffentlichung der TdkH liegen. Ins Zentrum werden wir zwei heute noch aktuellen Themenkomplexe rücken: Wissenschaft, Technik und instrumentelle Rationalität einerseits und Krise der zeitgenössischen, (spät-)kapitalistischen Gesellschaftsverhältnisse andererseits. Unter Einbezug ausgewählter Sekundärliteratur und der Lektüre von Auszügen aus den Abhandlungen ‚Wissenschaft und Technik als Ideologie‘ und ‚Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus‘ möchten wir herausarbeiten, was Habermas uns heute noch zu sagen hat.