Kultursoziologie nach Durkheim

Durkheims Spätwerk "Die elementaren Formen des religiösen Lebens" aus dem Jahr 1912 stellt das ehrgeizige Unternehmen dar, den gesellschaftlichen Ursprung von Religion aufzuklären sowie eine Soziologie der Erkenntnis zu entwerfen. Zu diesem Zweck betrachtet Durkheim die seiner Einschätzung nach einfachste Religion – den Totemismus der australischen Ureinwohner –, welche jedoch alle Eigenschaften von Religion überhaupt zeigt: gemeinschaftliche Riten und Glaubensüberzeugungen sowie die Trennung des Heiligen vom Profanen.

Trotz der Kritik an dem Buch entfalteten "Die elementaren Formen" eine enorme Wirkung über die Grenzen der Soziologie hinaus: in der Ethnologie, Anthropologie, Geschichtswissenschaft, Philosophie, Theologie und den Kulturwissenschaften. Es sind deutliche Einflüsse auf (strukturalistische und post-strukturalistische) Kulturtheorien sowie auf die Kultursoziologie zu verzeichnen, wobei die Interpretation des Buches als einer semiotischen bzw. kulturellen Konstitutionstheorie des Sozialen (im Anschluss an Saussure und Lévi-Strauss) von der einer sozialen und rituellen Konstitution der Kultur unterschieden werden kann.

Im Seminar wollen wir uns zunächst Durkheims Religions- und Kulturtheorie zuwenden und im zweiten Schritt nach den Möglichkeiten und Grenzen einer Kultursoziologie nach Durkheim fragen, und zwar in einem doppelten Sinne: zeitlich nach Durkheim und Durkheim inhaltlich folgend. So werden wir bspw. Schriften von Claude Lévi-Strauss, Victor Turner, Edward Shils, Robert Bellah, Robert Wuthnow, Jeffrey Alexander, Anne W. Rawls oder Randall Collins diskutieren und dabei der Frage nachgehen, wie wir mit Durkheim’schen Begriffen von Ritual, Symbol und des Heiligen moderne Gesellschaften analysieren können.

 

Zur Einführung empfohlen:

Alexander ,Jeffrey C. /Paul Smith (Hg., 2005): The Cambridge Companion to Durkheim. Cambridge Mass.: Cambridge Univ. Press

Durkheim, Émile (1981 [1912]): Die elementaren Formen des religiösen Lebens. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

Rawls, Anne Warwick (1996): Durkheim’s Epistemology: The Neglected Argument, in: American Journal of Sociology 102, 2, 430-482.

Wuthnow, Robert (1987): Meaning and Moral Order. Explorations in Cultural Analysis. Berkeley: Univ. of California Press.

 

Datenblatt
Semester: 
Sommersemester 2011
Ort und Zeit: 
R. 5.012, Mo 16.15-17.45 Uhr
Sprache: 
Deutsch
ECTS BA: 
5.0

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